Architektenbüro Voigt
Architektenbüro Dr. P. Voigt
Seit 2008 arbeitet die Architektin Dr. phil. Pamela Voigt gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Elke Genzel innerhalb der privaten Forschungsgruppe BAKU – Bauen mit Kunststoffen, Leipzig.
Die Forschung auf diesem Fachgebiet begann für beide 2001 innerhalb der interdisziplinären Forschungsgruppe FOMEKK an der Bauhaus-Universität Weimar. Das in dieser Zeit gesammelte Wissen zu historischen und aktuellen Bauten aus glasfaserverstärkten Kunststoffen wurde und wird kontinuierlich auf andere faserverstärkte Kunststoffe (FVK) erweitert. Architekturen aus Verbundwerkstoffen mit Carbon bis hin zu neuesten Entwicklungen von Bausystemen mit Naturfasern in Kombination mit biobasierten Harzsystemen als Natural Composite Panels (NCP), werden in Kooperation mit beispielsweise der Firma c3house GmbH, dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik Halle (IWMH) und dem Süddeutschen Kunststoffinstitut Halle (SKZ Halle) erforscht.
Der Erhalt historischer Kunststoffbauten ist ein weiteres Arbeitsgebiet. Neben der Verbreitung ihres Wissens durch Publikationen, Fachvorträge oder Ausstellungen beinhaltet dies auch die Ausführungsplanung der Sanierung bzw. des Nachbaus denkmalgeschützter Kunststoffbauten, beispielsweise der Isler-Innenhofüberdachung der Daniel-Straub-Realschule in Geislingen a. d. Steige.
Das Planen und Bauen mit Kunststoffen ist geprägt von dem engen Austausch der Materialwissenschaften, Architekten, Tragwerksplaner und Herstellerfirmen. So vielfältig die Materialkombinationen, das Design der Fasergewebe und -gelege in den Bauteilen sind, so vielfältig sind auch die Formen der Architekturelemente selbst. Erst seit den 1960er Jahren werden die faserverstärkten Kunststoffe eingesetzt. Ihre Möglichkeiten innerhalb der Architektur sind noch lange nicht ausgereizt und werden daher weiterhin ausgelotet und praktisch getestet. Dass dies geschehen kann, ist dem Wissensdrang aller Fachleute und der Unterstützung der Wirtschaft und des Staates zu verdanken. Ein interdisziplinärer Austausch durch beispielsweise Fachtagungen ist hierbei unerlässlich. Die CiA (Composites in Architecture) ist eine solche Tagung und wird durch Elke Genzel im Auftrag des SKZ Halle organisiert.
Auch der Schutz der Umwelt genießt bei Tonfunk den höchsten Stellenwert. Die Zertifizierung ISO 14001:2004 ist der Nachweis dafür, dass bei Entwicklung und Fertigung der Umweltschutz eine wichtige Rolle spielt.
Interview mit Frau Dr. Pamela Voigt, Inhaberin:
„Worin besteht die größte Herausforderung/Schwierigkeit beim Entwickeln von neuen Bau-Kunststoffen bzw. dem Bauen mit Kunststoffen?“
Meiner Meinung nach besteht die größte Herausforderung in der Anwendung, d. h. im Finden von Bauherren. Die Zulassung und vor allem Einsatzfähigkeit von faserverstärkten Kunststoffen bzw. Sandwichkonstruktionen ist ausreichend nachgewiesen. Das spannende, weshalb es eben immer auch eine Forschung darstellt, ist, dass das Material nicht nur eine große Formenvielfalt ermöglicht, sondern auch speziell für den Einsatz definiert werden kann. Architekten und Ingenieure haben also eine sehr große Freiheit. Diese Freiheit begreifen manche Bauherren und auch Zulassungsstellen als Ungewissheit. Wo wir wieder bei den Schwierigkeiten wären.
„Wo machen Bauten aus Kunststoffen besonders viel Sinn bzw. warum überhaupt Kunststoff?“
Faserverstärkte Kunststoffe (FVK) als tragende bzw. selbsttragende Konstruktionen werden innerhalb der Architektur als Gebäudehülle verwendet. Sie können Verschattungselemente sein, aber auch Tragwerk, Außenwand oder Dach. Der Vorteil liegt in der Kombination vieler Eigenschaften, die energieeffiziente Bauten bieten müssen, wie die schützende und tragende Hülle, Wärmedämmung, Luftdichtigkeit und Integration von Belichtung und Entwässerung. Bauten aus Stahlbeton, Ziegel und Holz bestehen daher zu einem erheblichen Anteil aus Kunststoffen, wie Schaumstoffe und Folien oder Dichtungen zur Sicherung dieser Anforderungen. FVK-Bauteile integrieren all diese Eigenschaften.
Meiner Meinung nach werden sie allerdings vor allem aufgrund deren freien Formbarkeit und speziellen Haptik wegen verwendet. Ein Gebäude dient nicht nur dem Schutz vor Witterung, sondern hat auch eine Außenwirkung durch die Wahl der Materialien, der Oberflächen, Fenstergrößen etc. Dies wird durch die Entwurfsidee festgelegt. Entscheidet sich der Architekt also beispielsweise für eine Fassade aus großen dreidimensionalen Verschattungselementen, welche auch beweglich sein können, so ist es naheliegend, diese Fassade mit FVK zu realisieren. Die Elemente werden lediglich aufgrund der Transportierbarkeit in ihrer Größe beschränkt. FVK wird immer materialsparend eingesetzt. Dreidimensionale Formen sind steifer, also in sich stabiler als ebene Flächen und können daher dünner, mit wenig Material hergestellt werden. Die Verschattung kann gleichzeitig tragend ausgeführt werden, weshalb die Unterkonstruktion minimiert werden kann oder auch gar nicht notwendig ist. Dies hat wiederum ein geringeres Materialvolumen zur Folge. Das geringere Gesamtgewicht – der vollständigen Fassade hat wiederum Auswirkungen auf die Größe des Fundamentes. Diese Kette lässt sich noch weiterführen. Kurz gesagt: FVK bieten Freiheit im Entwurf, geringes Gewicht – hybride also vielseitige Bauelemente haben aber auch eine spezifische Oberfläche und Haptik. Sind diese Angebote der Materialien durch die Architekten, Ingenieure oder Nutzer gewünscht, so steht einem Einsatz nichts im Wege.
„Auf welchem Gebiet kooperieren Sie mit dem Netzwerk iRock? Wo werden Ihre Kenntnisse bei Veranstaltungen angewendet werden können?“
Ich gehöre der Gruppe MORA an: „Mobile Raumlösungen“. Auf dem Festivalgelände werden temporär Räume benötigt, welche Schutz vor Witterung bieten. Diese müssen schnell auf- und abgebaut werden können und sollen doch ein Mindestmaß bis hin zu wohnlicher Atmosphäre bieten. Von den Organisatoren werden sie als Aufenthalt- und Technikräume genutzt. Von den Künstlern zum Aufenthalt und von den Besuchern als Hotel. Es geht also darum, mobile Bauten zu entwickeln, die unterschiedlichste Ausstattungsgrade haben können und dazu noch in das Konzept von Festivals passen. Anhand von Erfahrungen von bspw. Flexotels ist bekannt, dass Veranstalter durchaus Interesse an ungewöhnlichen Lösungen für das gehobene Preissegment haben. Aber auch einfache Raumcontainer können durch Neuentwicklungen bzw. Kombination der Materialien und Technik weiterentwickelt werden. Kunststoffe bieten die Möglichkeit, Tragwerk, Gebäudetechnik und Ausstattung zu kombinieren. Ein Bauteil bedient also alle drei Themen. Hierbei braucht der Container nicht mehr quadratisch, praktisch also langweilig bis abstoßend zu sein, sondern kann als Objekt wirken. Festivals bedienen sich ja bewusst dekorativer Elemente, um auch dem Auge ein Erlebnis zu bieten. Durch die bewusste Kombination verschiedener Materialien mit Kunststoffen, vor allem auch dem Einsatz der neuentwickelten naturfaserverstärkten Verbundwerkstoffe, möchte ich ansprechende, optimierte und seriell zu fertigende Bauten entwickeln.
„Wie wichtig ist der ökologische Aspekt in Ihrem Fachbereich geworden?“
Dieser Aspekt war schon von Anbeginn sehr wichtig. Die Kunststoffe wurden schließlich als Ersatz für die natürlichen Rohstoffvorkommen entwickelt, um letztere zu schonen. Es ist inzwischen in Vergessenheit geraten, wie sehr der Raubbau an natürlichen Vorkommen bis ins 19. Jahrhundert Menschen und Natur geschädigt haben. Wie wir nun wissen, ist eine alleinige Ausrichtung auf Erdöl als Rohstoff auch keine Lösung. Heutige Forscher suchen daher Alternativen, um die Kunststoffe aus einer Bandbreite an Rohstoffen herstellen zu können, um so also dem Raubbau, aber auch Monokulturen der Landwirtschaft vorzubeugen. Die gesetzlichen und gesellschaftlichen Forderungen an umweltbewusste, energiesparende Bauweisen sind für alle Produkte im Bauwesen maßgeblich. Die Sicherung von Stoffkreisläufen, sparsamer Umgang mit Materialien und vor allem geringer Energieaufwand in der Herstellung im Verhältnis zum Energiesparen durch den Einsatz vom jeweiligen Material, ist auch im Kreis der mit FVK Bauenden Anspruch und Ziel.
„Wo liegt die Zukunft beim Bauen?“
Den Menschen und Nutztieren auch weiterhin eine schützende Hülle zu geben und den Interessierten unter ihnen und sich selbst anregende, abwechslungsreiche und schöne Bauten zu projektieren und zu realisieren.